Poliscan FM1: Ist ein Einspruch wegen Messfehlern möglich?

Hier finden Sie aktuelle Informationen zum Blitzeranhänger Poliscan Fm1 und können eine kostenlose Auswertung zu Ihrer Blitzermessung anfordern.

Akt. am: 08.10.2025, 09:57 Redaktion
Platzhalter Bild für PoliScan FM1 Blitzer
Der Blitzeranhänger PoliScan FM1 von Vitronic wird sowohl innerorts als auch außerorts häufig eingesetzt.

Was ist der Poliscan Fm1 für ein Messgerät?

Der Poliscan FM1 von Vitronic ist einer der am weitesten verbreiteten Messgeräte in Deutschland. Das Lasermessgerät wird am häufigsten als Blitzeranhänger, auch als Enforcement-Trailer bezeichnet, eingesetzt. Bekannt für seine Fähigkeit, mehrere Fahrzeuge gleichzeitig zu erfassen, ist er jedoch auch anfällig für Messfehler, die einen Einspruch begünstigen.

Wie funktioniert die LIDAR-Technologie?

Der PoliScan FM1 arbeitet mit dem sogenannten LIDAR-Verfahren (Light Detection and Ranging). Das Gerät sendet dabei Laserimpulse aus, die vom Fahrzeug reflektiert werden. Aus der Laufzeit der Laserstrahlen und den Reflexionen berechnet der Blitzer die Geschwindigkeit des Fahrzeugs.

  • Laserstrahlen: Der FM1 sendet eine Vielzahl von Laserstrahlen in einem Fächer über die Fahrbahn.
  • Reflexion und Erfassung: Treten Fahrzeuge in diesen Fächer ein, werden die Laserstrahlen reflektiert und vom Gerät empfangen.
  • Geschwindigkeitsberechnung: Aus den Veränderungen der Reflektionen über die Zeit (Doppler-Effekt bei Lasern) wird die Geschwindigkeit präzise berechnet.
  • Fotoerfassung: Bei Überschreitung der eingestellten Geschwindigkeit wird ein Foto des Fahrzeugs mit dem Fahrer gemacht.

Ein besonderes Merkmal ist die Messung über einen längeren Zeitraum und über eine breite Fahrspur hinweg, was ihn von punktuellen Radarmessungen unterscheidet.


Aufbau des Blitzers: Mobil und Stationär

Der PoliScan FM1 wird in zwei Hauptvarianten eingesetzt:

  • Mobiles Gerät: Oft als Stativblitzer am Straßenrand aufgestellt oder in einem unscheinbaren Messwagen (z.B. Caddy, Van) installiert. Diese mobilen Anlagen sind flexibel einsetzbar und können schnell den Standort wechseln. Sie sind auf den ersten Blick manchmal schwer zu erkennen.
  • Teil-Stationäres Gerät: Bekannt als die markanten "Enforcement-Trailer" (mobile Blitzeranhänger). Diese können als Anhänger für längere Zeit an einem Ort stehen. Sie sind meist auffälliger, aber dennoch sehr effektiv.

Neues Urteil aus Bayern über Messprotokoll-Mängel beim PoliScan FM1

Rechtsanwalt prüft Akten für Einspruch

Auch bei scheinbaren Mängeln im Messprotokoll bleibt die Überprüfung durch einen Anwalt entscheidend.


Ein aktuelles Urteil des Bayerischen Oberlandesgerichts BayObLG vom 15.03.2023 (Az. 201 ObOWi 1681/23) bringt wichtige Klarheit für Geschwindigkeitsmessungen mit dem PoliScan FM1.

Das Gericht stellte fest, dass bloße Mängel im Messprotokoll nicht automatisch dazu führen, dass eine Messung mit dem PoliScan FM1 ungültig ist oder das standardisierte Messverfahren in Frage gestellt wird. Entscheidend ist, ob die technischen Vorgaben bei der Bedienung des Geräts eingehalten wurden und ob eine Fehlmessung ausgeschlossen werden kann.

Das Urteil betont, dass es primär auf die Einhaltung der technischen Vorgaben des Messgeräts ankommt, nicht auf die Vollständigkeit des Protokolls. Ein fehlender Haken im Messprotokoll kann zwar Zweifel wecken, reicht aber allein nicht aus, um eine Messung als ungültig zu erklären, wenn eine Fehlmessung ausgeschlossen ist.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Das Urteil unterstreicht, dass Gerichte bei Mängeln in Messprotokollen genauer prüfen müssen, ob tatsächlich eine Fehlmessung möglich war. Hier sind die Kernpunkte:

  • Protokollmängel allein nicht ausreichend: Dass ein Messprotokoll unvollständig oder fehlerhaft ausgefüllt wurde (z.B. fehlende Kreuze), führt nicht automatisch dazu, dass die Messung ungültig ist.
  • Technische Vorgaben sind entscheidend: Wichtig ist, ob das Messgerät gemäß den technischen Vorgaben des Herstellers (aus der Bedienungsanleitung) korrekt bedient wurde.
  • Fehlmessung muss ausgeschlossen sein: Selbst bei Abweichungen von der Bedienungsanleitung kann die Messung verwertbar sein, wenn die Möglichkeit einer fehlerhaften Messung eindeutig ausgeschlossen ist.
  • Plausibilitätsprüfung: Die nachträgliche Überprüfbarkeit oder Plausibilisierung der Messdaten ist nicht zwingend erforderlich für die Verwertbarkeit des Messergebnisses.

Weitere aktuelle Urteile und die Kontroverse um den PoliScan FM1

Der PoliScan FM1, obwohl als "standardisiertes Messverfahren" anerkannt, steht aufgrund seiner technischen Eigenschaften und der häufig fehlenden Rohmessdaten immer wieder im Fokus gerichtlicher Auseinandersetzungen. Die Frage nach der Überprüfbarkeit der Messung ist hier zentral.

Freispruch am Amtsgericht Regensburg (25.01.2023)

Ein bemerkenswerter Fall ereignete sich am Amtsgericht Regensburg am 25.01.2023. Ein Betroffener wurde freigesprochen, nachdem eine Geschwindigkeitsüberschreitung auf der A93 durch einen PoliScan FM1 gemessen wurde. Der Freispruch erfolgte nach umfangreicher Beweisaufnahme und Anhörung mehrerer Sachverständiger.

Die Begründung: Erst nach Hinzuziehung eines Sachverständigen konnten Unregelmäßigkeiten im Messbetrieb festgestellt werden, die sich aus dem Akteninhalt nicht ergaben. Die Voraussetzungen eines standardisierten Messverfahrens konnten nicht mehr angenommen werden. Da es an ausreichenden Anknüpfungstatsachen (aufgrund der Funktionsweise des Messgeräts und einer unzureichenden Datenlage) fehlte, war eine wissenschaftlich fundierte und belastbare Aussage zur tatsächlichen Geschwindigkeit nicht mehr möglich.


Die Linie des Kammergerichts Berlin (08.12.2023)

Im Gegensatz zu einigen Amtsgerichten vertritt das Kammergericht Berlin (Beschluss vom 08.12.2023, Az.: 3 ORbs 229/23 – 122 Ss 109/23) eine restriktivere Haltung bezüglich der Überprüfbarkeit von PoliScan FM1 Messungen. Das KG Berlin hat in seinem Leitsatz klargestellt:

  • Die fehlende Erfassung des Messbereichs (sogenannte Hilfsgrößen) und die fehlende Speicherung der Rohmessdaten führen nicht zur Unverwertbarkeit des Messergebnisses.
  • Eine Veränderung der Gerätesoftware lässt die Standardisierung in der Regel nicht entfallen.
  • Einem Betroffenen steht kein verfassungsrechtlich verankerter Anspruch auf die Generierung von Beweismitteln (wie die Erfassung von Messgrößen im Messbereich) zu.
  • Auch die mit aktualisierter Software gewonnenen Messdaten unterliegen keinem Beweisverwertungsverbot, da dies nur bei schwerwiegenden Rechtsverstößen in Betracht käme.

Diese Entscheidung des Kammergerichts Berlin, die sich auf frühere Urteile bezieht, verdeutlicht, dass die Gerichte in Deutschland die Frage der Rohmessdaten unterschiedlich bewerten. Während einige Gerichte die fehlenden Daten als Verstoß gegen das faire Verfahren sehen, halten andere die Messungen auch ohne diese Daten für verwertbar.


Bekannte Messfehler und Schwachstellen des PoliScan FM1

Trotz seiner weiten Verbreitung ist der PoliScan FM1 nicht unumstritten. Es gibt eine Reihe von potenziellen Fehlerquellen, die in Gerichtsverfahren häufig angeführt werden:

  • Fehlerhafte Ausrichtung: Eine nicht exakte Ausrichtung des Geräts zur Fahrbahn kann zu verfälschten Messwerten führen ("Gieren").
  • Mehrdeutige Zuordnung: Bei dichtem Verkehr auf mehreren Fahrspuren kann es zu Problemen bei der eindeutigen Zuordnung der Messung zum richtigen Fahrzeug kommen (z.B. "Schattenwurfeffekt").
  • Reflexionen: Ungünstige Reflexionen (z.B. durch glänzende Oberflächen, Schilder) können die Messung beeinflussen.
  • Softwarefehler: In der Vergangenheit gab es Software-Updates und -Korrekturen, was auf anfängliche Probleme hindeutet.
  • Fehlende Eichung/Wartung: Wie bei jedem Messgerät muss der PoliScan FM1 regelmäßig geeicht und gewartet werden. Fehlende oder abgelaufene Eichscheine. sind ein häufiger Ansatzpunkt für Einsprüche.
  • Winkel zur Fahrbahn: Das Gerät muss in einem bestimmten Winkel zur Fahrbahn aufgestellt werden, eine Abweichung kann Messfehler verursachen.

>PoliScan Speed & FM1 im Einsatz: Mobil und Stationär

Das PoliScan FM1 System ist so konzipiert, dass es flexibel eingesetzt werden kann:

  • Mobiles System (PoliScan speed FM1): Wird von Polizeibeamten manuell auf einem Stativ aufgestellt oder in einem Zivilfahrzeug (z.B. VW Caddy, Vito) betrieben. Dies erlaubt eine flexible Überwachung an wechselnden Gefahrenschwerpunkten.
  • Teil-Stationäres System (PoliScan speed FM1): Ist fest in sogenannten "Blitzeranhängern" verbaut und überwacht dauerhaft bestimmte Streckenabschnitte oder Kreuzungen. Die PoliScan FM1 Blitzer-Anhänger werden auch als Enforcement-Trailer bezeichnet.

Beide Varianten nutzen die gleiche Lasertechnologie, unterscheiden sich jedoch in ihrer Handhabung und den Anforderungen an die Installation und Überwachung.

Toleranzabzug beim PoliScan FM1

Wie bei allen Geschwindigkeitsmessungen in Deutschland wird auch beim PoliScan FM1 ein Toleranzabzug vorgenommen, um mögliche Messungenauigkeiten auszugleichen. Dieser Abzug hängt von der gemessenen Geschwindigkeit ab:

  • Unter 100 km/h: Es werden 3 km/h von der gemessenen Geschwindigkeit abgezogen.
  • Ab 100 km/h: Es werden 3% von der gemessenen Geschwindigkeit abgezogen.

Beispiel für Toleranzabzug:

Wurden Sie innerorts mit 65 km/h vom PoliScan FM1 gemessen, beträgt Ihre relevante Geschwindigkeit nach Abzug der Toleranz (65 - 3) 62 km/h. Bei einer Messung von 130 km/h auf der Autobahn (130 - 3% von 130 = 130 - 3,9) bleiben 126,1 km/h übrig.

Wann lohnt sich ein Einspruch bei einer Poliscan Fm1-Messung?

Angesichts der bekannten Schwachstellen des PoliScan FM1 lohnt sich in vielen Fällen eine Überprüfung des Bußgeldbescheids. Insbesondere wenn:

  • das Tempolimit unklar angezeigt wurde oder der Blitzer zu dicht am Tempolimit-Schild stand (in manchen Bundesländern gibt es Mindestabstände)
  • die Messung in dichtem Verkehr oder bei ungünstigen Lichtverhältnissen erfolgte
  • Ihr Blitzerfoto unklar ist und Sie als Fahrer oder das Kennzeichen nicht eindeutig erkennbar sind
  • der Blitzeranhänger ganz neu aufgestellt wurde - schon ein leichter Ausrichtungsfehler kann die Messergebnisse verfälschen

Unser Blitzer-Experte kann für Sie Akteneinsicht beantragen und die relevanten Messdaten, Eichscheine und Schulungsnachweise der Beamten prüfen. Oft lassen sich so Fehler finden, die zur Einstellung des Verfahrens oder zu einer Reduzierung der Strafe führen.

Poliscan Fm1: Blitzer-Check

Wenn Sie von einem Poliscan FM1-Messgerät geblitzt wurden und Zweifel an der Genauigkeit der Messung haben, Punkte in Flensburg oder ein Fahrverbot drohen, sollten Sie nicht zögern Ihre Poliscan-Fm1-Messung von unserem Blitzer-Experten prüfen zu lassen:


Wichtige Begriffe zur Messtechnik:

Quellenangaben & Urteile:



Die neuesten Tipps rund um Verkehr und Mobilität

Bleiben Sie up to date! In unserem Magazin finden Sie regelmäßig aktuelle Urteile, wichtige Änderungen im Bußgeldkatalog sowie Experten-Tipps rund um Verkehrssicherheit, Mobilität und Ihre Rechte als Autofahrer.

Monocam-Überwachung: Warum RLP Handysünder blitzt und NRW noch zögert


Neue Monocam-Handyblitzer: Während RLP die KI-Überwachung auf A60 & A61 startet, fehlt in NRW die Rechtsgrundlage. Die Fakten zur neuen Technik & den Bußgeldern.

OLG Bayern: Auf welchen Straßen ist eine Rettungsgasse zu bilden?


Die Frage zur Bildung einer Rettungsgasse beschäftigte das Bayerische Oberlandesgericht. Die Richter stellen in Ihrem Beschluss klar, dass innerorts nicht automatisch die Regelungen wie auf einer Autobahn angewendet werden dürfen.

Neuer Blitzer in Köln auf der Stadtautobahn ist aktiv


Die Stadt Köln reagiert auf einen Unfallschwerpunkt an der B55a und hat einen Superblitzer scharf geschaltet. Das Tempolimit von 80 km/h wird zwischen Buchforst und Höhenberg in Richtung Köln-Ost überwacht.

Bußgeldbescheid Gebühr: Warum muss ich 25 Euro zahlen?


Viele Autofahrer, die einen Bußgeldbescheid erhalten, wundern sich über die aufgeführte Gebühr in Höhe von 25 Euro plus Auslagen in Höhe von 3,50 Euro. Wir erklären, wann und wieso die Bußgeldstellen diesen Betrag ansetzen.